Best of... April 2006

Es dürfte sehr interessant werden, ein Best of über den April zu schreiben. Schließlich zählt sowohl die größte Show das Jahres in diesen Monat, als auch der allseits beliebte Folge-Pay-Per-View Backlash. Mit WrestleMania wurde dieses Jahr einmal mehr eine neue Saison eingeleitet. Was im letzten Jahr durch zwei neue Champions und ein Roster-Mischmasch vollzogen wurde, erreichte man 2006 durch exzellentes Booking, interessante Folgefehden und schön erzählte Geschichten. Was man damit erreicht hat, ist die wohl beste PPV-Card seit dem letztjährigen Vengeance – und damit meine ich die Backlash-Card, nicht etwa die von WrestleMania. Wie das mit der Post-WM-Phase aber nun mal so ist, war sie wieder einmal sehr RAW-lastig. Wie das im Gesamten zu beurteilen ist und wie sich Smackdown unter ihrem neuen Champion geschlagen hat, das lest ihr im Best of April 2006! Viel Spaß.

Beste Storylines und Fehden
1. Triple H v John Cena v Edge
2. King of the Ring Tournament
3. Chris Masters v Carlito

Ist es übertreiben, wenn ich dieses Dreiergeflecht die wohl beste Storyline des vergangenen Jahres nenne? In meinen Augen kein Stück. In den letzten Jahren bestach man durch besondere Kreativität, indem man den so schön aufgebauten WrestleMania-Main-Event einfach in den Folge-PPVs wiederholte. So konnte man sich davor schützen, neue Männer ins Spiel zu bringen, sich etwas Neues ausdenken zu müssen. Dieses Jahr fand man mit der Dreierfehde zwischen den WM-Gegnern Cena und HHH und dem „Rated R Superstar“ Edge eine geniale Lösung, wie man die zu WrestleMania erzählte Geschichte intelligent weitererzählen könnte. Edge demontierte Cena bei New Years Revolution und war gleichzeitig der erste, der so etwas tat. Durch die Fehde und den Showstealer bei WrestleMania rückte Edge keinen Zentimeter von seinem Status zurück, den er durch die Titelregentschaft gewonnen hatte. Cena besiegte HHH im Hauptmatch von WM22, was dem Publikum so gar nicht schmeckte und mutierte immer weiter zum Heel, Triple H hingegen erhielt Pops, ohne diese wirklich herauszufordern. Was hat man nun also? Den Monsterheel, der vom Publikum bejubelt wird und seine Niederlage rächen will. Den Babyface, der aus jeder Halle in den Vereinigten Staaten gebuht wird und der zeigen will, dass das bei WM kein Zufall war. Und natürlich den geprellten Ex-Champ, der für seinen Titelgewinn trotz Heel-Status gefeiert wurde und wohl der Aufsteiger des laufenden Jahres ist. Sprich: Man hat etwas nie Dagewesenes. Man hat eine Drei-Tweener-Fehde. Eine Fehde, in der jeder Fan einen anderen Favoriten hat, in der jeder seine Rolle spielt, wofür er gleichermaßen ausgebuht und gefeiert wird. Das Feintuning an den Charakteren hat sich ausgezahlt, ihre Dreierpromos waren die besten seit langer Zeit, der Aufbau des Backlash-Main-Events war klassisch und hat funktioniert. Besonders das Ende und die Tatsache, dass es Cena momentan noch an Alternativgegnern fehlt, machen Durst auf mehr. Besser kann eine Wrestlingfehde nicht aussehen.

Der King of the Ring ist wieder da! Manch einer mag jetzt sagen, dass man dieses Turnier nicht so nennen darf – weil es nicht in einem ebenso betitelten Pay-Per-View endet, weil es Smackdown-Only ist, oder warum auch immer. Ich sehe das anders. In meinen Augen hätte WWE gar nichts Besseres machen können, als das Turnier an dieser Stelle für Smackdown zurückzuholen. Die acht Teilnehmer bieten eine Liste an Top-Leuten der Mid- und Uppercard. Das Turnier wird innerhalb der Shows ordentlich gehypt und bietet schier unbegrenzte Möglichkeiten im Aufbau neuer Fehden, Charaktere und Pushs. Es ist kein lieblos dahergezaubertes Turnier, das den traditionsreichen Namen beschmutzt, es bekommt Aufmerksamkeit und die Teilnehmer vermitteln das Gefühl, dass der Sieg etwas bedeutet. Bei der Anprobe von Booker T hat sogar er mich seit langer laaanger Zeit mal wieder unterhalten und ich könnte ihn mir seither durchaus als König vorstellen. Wichtigster Aspekt, lassen wir Angle und Benoit mal außen vor, ist wohl, dass Männer wie Finlay, Lashley oder auch der eben genannte Booker T ordentlich in Richtung Heavyweight Title gepusht werden könnten und das auf eine glaubhafte Art und Weise. In einer Zeit, in der Randy Orton suspendiert, Angle verletzt und Rey Mysterio World Heavyweight Champion ist, braucht man einfach Namen. Der „King of the Ring“ ist ein Titel, der sich sehen lassen kann und man zieht das Ding vernünftig auf. Das Finale zwischen Booker und Lashley erwarte ich mit Spannung – das Beste, was Smackdown in den vergangenen Wochen zu bieten hatte!

Auf der WrestleMania-Card hieß es „Chris Masters & Carlito vs. The Big Show & Kane“. Langweiliger geht es gar nicht. 4 gute Entertainer, die seit Wochen und Monaten in diesen Teams vor sich hin vegetieren. Dann treten sie gegeneinander an und nicht einmal bei diesem Match passiert etwas Weltbewegendes. WrestleMania ist vorbei und – schwupps – scheinen die Booker aus dem Winterschlaf zu erwachen. Sie wachen auf, schlagen sich vor die Stirn und schreien „Mist, wir wollten doch Kane gegen Show und Carlito gegen Masters turnen lassen!“. WM22 ist vorbei und ironischer Weise schöpft man den interessanten Part dieser 4er-Kombination genau in diesem Moment aus, nämlich als WM22 vorbei war. Uns soll’s egal sein. Als Opener war das Tag Team Match in Ordnung, dafür erwartete uns eine tolle Backlash-Card. Eindeutiger Sieger der beiden Tag-Team-Splits ist in meinen Augen die Fehde zwsichen Carlito und Chris Masters. Das Potential der beiden Akteure scheint unausschöpflich und sie unterhalten jede Minute, die sie On Air im TV zu sehen sind. Carlito arbeitet hart an seinen In-Ring-Skills und Masters wird von Woche zu Woche charismatischer und steht meiner Meinung nach kurz vor dem Sprung in höhere Gefilde der Show-Cards. Ob Carlito dem Face-Part auf lange Sicht gerecht werden wird, sei mal dahingestellt – ich denke, dass sein Turn noch ein wenig früh war, lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen. Auf jeden Fall stellen diese beiden Männer die Zukunft von RAW dar. Schönes Entertainment!

Schlechteste Storylines und Fehden
1. Rey Mysterio v ääh, wen eigentlich?
2. Vince McMahon v Gott
3. Spirit Squad v Big Show / Kane

Rey Mysterio ist der neue World Heavyweight Champion. Man wollte das Triple Threat zwischen Angle, ihm und Orton richtig groß aufziehen und lieferte eine Show ab, bei der man zwischendurch nicht mal Getränkenachschub holen durfte, ohne Gefahr zu laufen, die Hälfte das Matches zu verpassen. Rey ist also der Sieger, nachdem er seine Füße gegen den im Seil hängenden Orton gerammt hatte. Die Rückmatches gegen Randy und Kurt absolvierte er gekonnt und im Anschluss verschwinden die beiden von den Smackdown-Bildschirmen. Orton wegen „gebrochenem Knöchel“, Angle, weil Henry ihn verletzt hat – ob das nun wieder Sinn macht, fragt sich Backstage anscheinend niemand. Die einzige Variante wäre, dass man Henry als Gegner von Rey aufbauen wollte – das würde zwar das „ääh, wen eigentlich“ in der Überschrift ersetzen, eine andere Platzierung in dieser Rubrik könnte man aber wahrscheinlich nicht erreichen. Oder würdet ihr einen PPV bestellen, der von einem Kampf zwischen einem tätowierten Zwerg und einer gewichthebenden Litfasssäule geheadlined wird? Moi pas.
Es gibt momentan einfach keinen Gegner für Mysterio. Zum Abschied hat Kurt Angle noch eine nun bestätigte Fehde mit JBL für den kleinen Mexikaner eingeläutet. Worin das enden wird, vermag ich aber gar nicht auszusprechen. Dass man vielleicht mal nen Benoit Heel turnt, daran denkt keiner. Wir können uns zwangsläufig auf eine sehr kurze Regentschaft von Rey Rey vorbereiten, weil es einfach an glaubwürdigen Gegner fehlt, bzw. an Gegnern die Mysterio glaubwürdig erscheinen lassen. Und selbst wenn das gelingen würde, könnte ich mir neben dem Undertaker kaum jemanden vorstellen, der den Gürtel wieder ins rechte Licht rücken könnte. Höre ich da „Batista“-Rufe aus dem Publikum?

Vince mag es nicht so gerne, aus Fehlern zu lernen. Er hat da anscheinend ebenso viel Bock zu, wie Schweine zum Klettern. Wieso sonst denkt er, dass Gotteslästerung besser ankommt, als die Verhöhnung des toten Eddie Guerrero? Wir haben Katie Vick überstanden und auch Al Wilson liegt weit hinter uns. Tim White knallt sich auch schon etwas länger nicht mehr die Birne weg und auch Mark Henry hat die Unterhaltszahlungen für Mae Young’s Hand mittlerweile eingestellt. Als Vince dies klar wurde, öffnete er sie wieder – die Kiste. Die Kiste mit den Ideen, die niemals geöffnet werden sollte, die Büchse der Pandora, das Behältnis, in das die Booker eben die Zettel mit Ideen schmeißen, die sie im Suff oder nach sehr traumatischen Beziehungen verfasst und schnellstens wieder verworfen haben. Vince ist der einzige mit einem Schlüssel zu dieser Kiste und wir dachten eigentlich alle, er hätte ihn endgültig entsorgt, nachdem sich der Bandwurm des Boogeyman geweigert hatte, seine Artgenossen weiter zu verspeisen. Aber nein, Vince griff hinein und zog den Zettel mit der Fehde gegen Gott heraus. Gerade in einer Storyline mit dem Heartbreak Kid befindlich, baute er diese Schnapsidee einfach hier mit ein, schließlich ist Michaels bekennender Christ – gut, blöd, dass er gerade einen Imagewechsel durchlebt, der ihn wieder als skrupelloses Arschloch im positiven Sinne darstellt, schön im dX-Style – aber der Zettel hatte die Kiste nun mal verlassen und durfte nicht wieder dorthin zurück. Man weiß nicht so recht, was genau vom Zettel und was aus Vince’s Gehirn entstammt – als die Ringpfosten mit Blitzen beschossen wurden war ich mir dann aber endgültig einig, dass sich die Kapazität dieser beiden Medien momentan um nicht sehr viel unterscheiden kann.
War das zu krass? Naja, ich wollte damit auch nur sagen, dass ich die Storyline blöd finde.

Seit Taboo Tuesday waren the Big Show und Kane nun Tag Team Champions bei RAW. Das ist so lange her, dass sich das Team, von dem sie sich die Titel holten, genug Zeit hatte, sich aufzulösen, eine Singleskarriere zu starten und sich letztlich wiederzuvereinigen. Während ihrer Regentschaft hatten es Big Show und Kane mit den ganz großen Teams von RAW zu tun. Die Heart Throbs, Snitzky und Tomko und das Team aus Venis und Viscera sind da nur wenige Beispiele derer Tag-Team-Größen, denen sich die übermächtigen Champions stellen mussten. Sie waren sogar so dominant, dass ihre Stellung innerhalb der Tag Team Division von niemandem in Frage gestellt wurde und sie die Gürtel vor WresteMania nicht einmal bei einem Pay Per View verteidigen mussten. Da war eigentlich klar, dass etwas Großes kommen muss, um den beiden die Titel wieder abzunehmen. Etwas Gigantisches, Übermenschliches, eine unerklärliche Macht – und sie kam. Ohne Vorankündigung, aus dem Nichts, ohne Storyline, Qualifikation oder auch nur einen Sieg auf dem Konto stürmte die Feuerwand heran. War es eine Rakete? Nein. War es eine Kanone? Nein. Es war... die Spirit Squad!!! Verdammt, ist das dumm. Ich mag das gar nicht weiter kommentieren, es lebe die Tag Team Division von RAW!

Diese Gott-Geschichte und die Spirit Squad – also alles, was momentan mit Vince McMahon zu tun hat – gehen gar nicht. Die PPV-Card, die man bei RAW auf die Beine gestellt hat, sucht allerdings händeringend nach Konkurrenz und beweist nur einmal mehr, wo mit mehr Liebe und Hingebung an Storylines und Fehden gearbeitet wird. Der Punkt geht an RAW.

Beste Gimmicks
1. „Rated R Superstar“ Edge
2. Great Khali
3. John Cena

Drei Mal „Best of“ im Jahr 2006 – drei Mal steht Edge auf dem ersten Platz. So langweilig ich das auch selber finde, so ungerecht wäre es auf der anderen Seite aber auch, jemand anderen auf diese Position zu setzen – Edge ist einfach der absolut Geilste und das schon vier verdammte Monate lang. Mit dem Titelgewinn fing alles an, das „Rated R Superstar“-Gimmick, die lustigen Hooo-Einlagen mit Jim Duggan und die Gute Fehde mit dem göttlichen Abschluss gegen Mick Foley etablierten ihn endgültig ganz oben auf der Card. Man kam gar nicht umhin, ihn direkt nach WrestleMania wieder ins Titelrennen zu involvieren, alles andere wäre eine Abstufung seines erreichten Standings gewesen. Edge steht im Ring mit dem wohl besten Performer der Liga, Triple H, und dem aktuellen WWE-Champion – und wirkt in keinster Weise fehl am Platze. Jedes Mal wenn das „You think you know me“ ertönt, weiß ich, dass ich in den kommenden Minuten prächtig unterhalten werde. Edge rult momentan einfach alles weg und er hat an dieser Position zu verharren! Punkt, aus, Ende, Schluss.

Auch wenn er nicht kämpfen kann wie ein Benoit, man kein Wort von dem Gebrabbel versteht, was er von sich gibt – the Great Khali ist beeindruckend und er unterhält mich. Die üblichen Cruiseweight-Squashs gehören zum WWE Programm, was aber zu verschmerzen ist, da er im Hintergrund eine Fehde mit dem Undertaker am Laufen hat. Mit vielen „Riesen“ hat man es vergeigt, sie in eine solch starke Position zu hieven, in der sich Khali momentan befindet. Leute wie Heidenreich, A-Train oder Luther Reigns waren nie mehr als Tagesgeschäft für den Undertaker. Bei Khali ist das anders, er ist eine Bedrohung und wird genau so verkauft. Mir stellt sich zwar die Frage, was nach der Fehde mit dem Taker kommen soll, aber soweit sind wir noch nicht. Ich werde noch früh genug auf ihn schimpfen, also belassen wir es bei diesem Triumph, denn im April gehörte er für mich zu den Top 3 der unterhaltsamen Gimmicks.

Ob das gut geht, was ich jetzt vor habe? Es ist einfach zu reizvoll, als dass ich es sein lassen könnte. Allein der Name polarisiert wie kein Zweiter: John Cena. Ich schreibe über John Cena, nichts macht mehr Spaß, als über John Cena zu schrieben. Für nichts bekommt man so leicht Zustimmung wie, wenn man über Cena schreibt und ihn dabei fertig macht. Und genau das mache ich heute nicht. Wir befinden uns in der Rubrik der besten Gimmicks und ich werde nun über John Cena schreiben und begründen, warum er sich hier befindet. Eigentlich ist das ganz simpel: John Cena unterhält mich in den letzten Wochen wahnsinnig. Man hat nun einen Weg gefunden, mit den Buhrufen umzugehen, ohne ihn Heel turnen zu lassen. Selbst an die deutschen Kommentatoren scheint von Seiten WWE das Kommando raus gegangen zu sein, auf die Buh-Rufe hinzuweisen. John Cena ist jetzt nicht mehr das Babyface, dass blöder Weise ausgebuht wird – er ist jetzt der Face-Champ, der die Masse teilt. Es gehört nun offiziell zu seinem Gimmick, das sein Charakter von vielen gehasst wird, es wird in die Storylines und Promos seiner Gegner mit einbezogen. Seither wirkt Cena persönlich viel gefestigter, wirkt selbstbewusster und das gefällt mir. Wäre ich in der Halle und John Cena’s Musik würde ertönen – natürlich würde ich ihn auspfeifen, beschimpfen und aus der Halle buhen so laut ich nur kann. Dabei hätte ich aber ein Lächeln auf dem Gesicht, weil es mir Spaß macht, eben dieses zu tun. Weil ich mich auf das Match freue, in dem ich auf alles was er tut eben so reagieren kann. Bis zu WrestleMania wollte ich den Typ nicht sehen. Heute freue ich mich auf seine Kämpfe, fand sogar seinen erneuten Sieg bei Backlash erfrischend (so befremdend das auch klingen mag) – wenn das kein gutes Gimmick ist, dann weiß ich es auch nicht...

Schlechteste Gimmicks
1. Rey Mysterio
2. Spirit Squad
3. Orlando Jordan

Kommen wir von John Cena nun zu den schlechten Gimmicks (hui, macht das Spaß, das zu sagen). Rey Mysterio ist viele Jahre im Business und hat es einfach verdient, den großen Titel zu tragen. Das ist meine feste Überzeugung, ebenso wie ein Hardcore Holly um den World Title antreten darf oder Justin „Hawk“ Bradshaw unter neuem Gimmick in den Main Event gepusht werden darf. Bei Bradshaw hat’s gepasst. Bei Holly hat es zumindest nicht zu sehr gestört. Rey Mysterio – einen ungünstigeren Zeitpunkt hätte man für seinen Titelgewinn nicht wählen können. Neider behaupten, er sei niemals Champion geworden, wenn Eddie noch leben würde. Hasser bezeichnen ihn als Schande für den Gürtel und seine Geschichte. Das Problem ist, dass wir im Moment nicht Rey Mysterio sehen. Es gibt keine „619“ oder „Rey Mysterio“ Chants, wenn er antritt. Wenn überhaupt gechantet wird, dann hört man nur den Namen „Eddie“. Ob es das ist, wie Rey an der Spitze des Unternehmens rüberkommen wollte? Die Widmung des Gürtels hin oder her – Rey Mysterio ist der Heavyweight Champion. Man hat damit bestenfalls beim Royal Rumble für ein Erstaunen gesorgt, bei WrestleMania war es dann doch mehr ein Kopfschütteln. Und jetzt in der Zeit danach, mit Rey und dem Gürtel, merkt man erst, dass man keine Storyline mit ihm aufbauen kann. Mysterio kann wrestlen, aber in seiner momentanen Rolle geht er vollkommen unter, er ist überfordert wie ich es schon lange nicht mehr gesehen habe. Wenn man Rey Mysterio wirklich einen Gefallen tun will, dann nimmt man ihm den Titel wieder ab und gibt ihm ihn irgendwann unter anderen Umständen wieder. So wird er Smackdown keinen Schritt nach vorne bringen.

Weiter oben mag es schon aufgefallen sein – ich stehe nicht besonders auf die Spirit Squad. Sie hampeln, sie nerven. Und das, obwohl sie aus 5 sehr talentierten Männern besteht. Glücklicher Weise nennt man ihre Namen nicht, sondern versteckt sie hinter Pseudonymen wie „Nicky“ oder „Mitch“. Glücklicher Weise geht man nicht auf die Mitglieder der Spirit Squad ein, sondern betrachtet sie stets im Gesamten, was den fünf Jungs im Gegensatz zu einem Mark Magnus oder Nick Dinsmore auch eine Karriere nach diesem Gimmick ermöglicht. Glücklicher Weise. Alles andere an diesem Stable stört mich beim RAW gucken.

Orlando Jordan ist ein Phänomen. Es ist absolut phänomenal, dass das Publikum in seinen Matches noch keine Steve-Blackman-Gedenk-„Boring“-Chants absetzt. Anfangs fand ich Jordan richtig cool – er hatte so ein bisschen was von Samuel L. Jackson und durchaus Potential. Dann machte man ihn zum Handlanger von JBL, was ich auch noch gut fand, weil ihm so die verdiente Aufmerksamkeit zuteil wurde. Als er dann John Cena um den US Title besiegte, überspannte man den Bogen und zerstörte den Charakter endgültig durch die Serie gegen Chris Benoit. Jetzt hat Jordan einen absoluten Null-Status. Er sieht affig aus, erntet kaum nennenswerte Reaktionen aus dem Publikum und ist absolut nicht für irgendwelche Storylines einsetzbar. Sein Wayne-Faktor ist einfach zu hoch. Ich lebe in der festen Überzeugung, dass man aus ihm was machen kann – wenn alles so bleibt wie es ist, können wir aber davon ausgehen, dass sein Arbeitsvertrag den nächsten Black Wednesday nicht überleben wird.

RAW hat Edge, einen genialen Triple H und die großartigen Carlito und Chris Masters. Smackdown hingegen schlampt etwas mit seinen Stars, zieht dafür aber tollen Nachwuchs in Form von Khali, Kennedy, Burchill oder Lashley heran. Fruchten tut es noch bei RAW ein wenig mehr – langfristig dürfte es sich jedoch bei Smackdown auszahlen. Ich gebe beiden einen Punkt.

Wrestler des Monats
1. Triple H
2. Rey Mysterio
3. Gott

Triple H dürfte momentan wohl eine der geilsten Zeiten seines Lebens erleben. Privat – seine millionenschwere Ehefrau erwartet das erste gemeinsame Kind. Beruflich – trotz Heelstatus lieben ihn die Fans und seit vielen Jahren ertönen wieder laute „Triple H“-Fangesänge. Keine Spur mehr von dem einstigen Hass gegen seine Person, weil er sich selbst angeblich immer in den Main Event booken würde, sich selbst die Titel zuschreibt. Jetzt, wo Triple H drei Jahre in Folge im WrestleMania-Main-Event gejobbt hat, in vielen Situationen die nötige Größe eines Mannes in seiner Position bewiesen hat, jetzt wird es ihm gedankt. Triple H verliert im Main Event von WresteMania, weil er im STFU von John Cena austappt. Zwei Jahre zuvor noch Monate von „You tapped out!“-Rufen verfolgt, hört man diese heute nur vereinzelt und wenn dann auch nur, wenn er sie herausfordert. Zu den d-X-Signs und dem Komplettauftritt bei Backlash muss ich wohl keine Worte verlieren, dieser Kerl ist einfach verdammt heiße Ware und das mit Abstand Größte, was WWE zur Zeit zu bieten hat. Macht HHH so weiter - dann kann er durchaus noch Konkurrenz für den Nature Boy in den ewigen Rekordbüchern werden.

Ob er der Rolle gerecht wird Hin oder Her. Rey Mysterio ist im April 2006 World Heavyweight Champion geworden. Nicht nur, dass er der Kleinste aller ehemaligen World Champions ist, er ist seit Kane’s Regentschaft vor 8 Jahren wieder der erste maskierte Champion und darüber hinaus der erste Wrestler in der WWE-Geschichte überhaupt, der sowohl Cruiserweight als auch Heavyweight-Gold sein Eigen nennen durfte. Rey Mysterio hat, egal wie seine Regentschaft weitergeht oder endet, auf jeden Fall Geschichte geschrieben und gehört zwangsläufig in der dieser Rubrik erwähnt.

Über kaum einen Wrestler wurde in den letzten Wochen wohl so heiß diskutiert wie über „Gott“, den Tag Team Partner von Shawn Michaels. Alleine das qualifiziert ihn, in dieser Liste genannt zu werden. Wer würde Gott sein? Der wiederkehrende Mordecai? Alte bekannte aus Michaels’ Vergangenheit wie Marty Janetty oder Sean Waltman? Oder gar große Sensationen wie Kevin Nash oder eine dX-Reunion mit Triple H? Jemand ganz anderer? Oder doch nur wieder ein bisschen Qualm und ein paar Blitze?
Letzteres traf es dann wohl am besten. Er war in Lichtkegel und hatte seine eigene Entrance – spielte im Match aber glücklicher Weise kaum eine Rolle. Obwohl seine Siegesquote bei WWE nun bei 0% liegt, konnte ich mir diesen Seitenhieb nicht verkneifen und musste ihn hier einfach nennen. Möge der Lichtkegel mir verzeihen.

Die Roster im Vergleich ergeben wieder einen klaren Sieg für RAW, insbesondere nachdem die Ausfälle von Angle und Orton das SD-Roster noch weiter schwächen.

Matches und PPV-Tops
1. Edge v Mick Foley /WrestleMania
2. Shelton v RVD /Backlash
3. HBK/God v McMahons /Backlash

Zumindest ein Match der fast schon wieder in Vergessenheit geratenen WrestleMania-Card muss hier genannt werde. Und welches andere wäre dafür wohl besser qualifiziert als das Hardcore-Match zwischen Edge und Mick Foley... Dass Foley so was kann, das ist schon lange kein Geheimnis mehr. Die Überraschung schlechthin war aber sein Gegner. War Edge in vergangenen harten Matches oder Bump-Matches (bspw. Money in the Bank Part 1) sonst immer derjenige, der am wenigsten „Hardcore“ Aktionen einsteckte, bewies er in diesem Leckerbissen orton’sche Größe und opferte seinen Körper, seine Prinzipien und seine narbenfreie Hautoberfläche genau dafür, Mick Foley das zu bescheren, womit er ihn im Vorfeld aufgezogen hatte: den bisher fehlenden WrestleMania Moment. Der Spear durch den brennenden Tisch war eben dieser Moment und er wird uns ganz sicher noch viele Jahre in Rückblenden verfolgen. Berechtigt.

Das wrestlerische Highlight der Backlash-Card versprach das „Winner takes all“-Match zu werden. Wenn Backlash unterm Strich nicht ganz so viel von dem hielt, was es versprach, hielt es doch zumindest dieses Versprechen. Die beiden können einfach verdammt viel und haben das gezeigt, was ihnen das WWE-Move-Repertoire zuließ. Über die Sinnhaftigkeit des Titelwechsels kann man mit Sicherheit streiten – aber alleine den schönsten Frogsplash seit langer langer Zeit war es allemal wert.

Wenn auch kein technischer Leckerbissen, hat mir das „Tag Team“-Match zwischen dem Allmächtigen, seinem Sohn Shane, Shawn Michaels und Gott am besten bei Backlash gefallen. Schöne Bumps, herausragendes Wrestling vom Non-Wrestler Shane und ein wie immer grandioser Shawn Michaels. Meiner oben bekundeten Sympathie der Spirit Squad kann man entnehmen, dass mich das Ende weniger überzeugte – insgesamt bot man mit diesem Kampf aber erstaunliches Entertainment. Und das zählt.

An dieser Stelle kann ich nur ein Unendschieden geben. Das Potential ist bei Smackdown ohne Zweifel vorhanden und immer wieder wird uns dort auch bewiesen, dass man den Ring dort mächtig rocken kann. Den Punkt an RAW zu geben, wäre daher ungerecht.

Das Überflüssigste zum Schluss
1. Shelton’s Momma
2. Mark Henry
3. ein RAW-GM!?

Was ist schöner, als etwas überflüssig zu finden, was schon längst auf dem Müll liegt? Shelton’s Momma scheint Geschichte zu sein und das ist verdammt noch mal auch gut so. Sie hat ihren Zweck erfüllt und Shelton wieder zurück ins Rampenlicht gehoben und mit ihrem Abgang hat man den bestmöglichen Zeitpunkt erwischt. Shelton kann nun auch alleine bestehen und ich bete zu dem Lichtkegel mit der coolen Entrance, dass es sich bei ihrer Abwesenheit nicht wirklich nur um eine Pause handelt.

Zu Mark Henry ist eigentlich von meiner Seite aus schon in den vergangenen Ausgaben alles gesagt worden, was zu sagen ist. Er suckt. Er kann nichts. Eine Tür kann zuschlagen, ein Stein kann rollen, ein Stock kann wenigstens einem Hund eine Freude bereiten – was kann aber bitte Mark Henry? Okay, „Nichts“ wäre eine übertriebene und gemeine Aussage. Formulier ich’s anders: „Nichts für seinen Beruf relevantes“.

Wie heiß war die Storyline damals um die „Entlassung“ Eric Bischoffs als General Manager von RAW. Alles sprach vom Nachfolger, die Shows wurden geschaut, um die Antwort auf diese große Frage nach der Nachfolge zu erfahren. Nichts. Vince McMahon hat einfach übernommen und das Thema zerlief im Sande. Es wird verdammt schwierig, an die Brisanz der Situation um die Zeit von Bischoffs Freisetzung wieder heranzukommen.

Unterm Strich

Alles in Allem fand Anfang April ein guter PPV statt, der sich vielleicht selber durch seinen Hype ein wenig im Weg gestanden hat. Während des Aprils wurde dann einer der besten PPVs aufgebaut, der seit langem stattgefunden haben sollte – Ende des Monats sah man dann aber nur Durchschnittskost. Hey, aber lieber auf dem Schnitt liegen, als darunter.

Nach Showpunkten geht der April 3 : 1 an RAW.

Man darf vielleicht einfach nicht mehr zu euphorisch sein. Als nächstes steht mit Judgment Day ein Smackdown-PPV an und wenn wir eines zu dieser Show im Vorfeld wohl nicht erwarten müssen, dann ist es überschwängliche Euphorie. Somit ist Smackdwon in der glücklichen Position, nicht wirklich viel verlieren zu können. Mit der „Rey ist eh blöd“-Einstellung vieler Fans kann man hier eigentlich nur positiv überraschen.

Ich bin gespannt was man draus macht und wünsche Euch einen schönen Mai und natürlich eine gute Zeit,

Bis denn,

Euer Ben